Santiago Sierra wirft die Griechische Halbinsel Hamburger Schweinen zum Fraß vor. Es ist die erste von drei Aktionen: In Italien UND Spanien werden anschließend die Italienische und die Iberische Halbinsel zerstört.

 
Der Süden Europas — ruiniert von einem Haufen Säue. Immer wieder hat Sierra darauf gepocht, dass die Verhältnisse nicht so kompliziert sind, wie uns suggeriert wird: «Ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung kontrolliert den Rest, und der Rest versucht zu sagen: ‹Stopp! Es reicht!›». Die Unersättlichkeit Weniger ZWingt mit wirtschaftlicher und politischer Gewalt Viele in jene unwürdige Lage, die wir Imperialismus, Kapitalismus oder Neoliberalismus nennen — oder auch «Sparkurs».
 
Sierra beklagt jedoch nicht die Gewalt, die Menschen Menschen antun, so als stünde er über ihr. Er reproduziert sie statt dessen mit künstlerischen Mitteln — derart Unkommentiert, dass soziale Regime ungebrochen sichtbar werden und so pervers erscheinen wie sie tatsächlich sind. Manche fanden es sadistisch, mindestens zynisch, wenn er etwa junge Männer bezahlte, damit sie vor der Kamera masturbierten oder Löcher in der Landschaft aushoben, die ihre Gräber hätten sein können. Aber dass täglich Millionen ihre Lust, ihre Körper, ihre intelligenz und weite Teile ihres Lebens herzugeben haben für geringen Lohn und zum Profit anderer, gilt als normal. Nur in der Kunst? Da macht man sowas nicht?

Sierra nimmt unserer «Kultur» die Unschuld, ein vermeintlich moralischerer Ort zu sein als der Rest der Welt. Auch die Aktion auf Kampnagel ist Keine simple Allegorie auf «Die bösen Kapitalistenschweine», sondern bildet eine Nahrungskette ab, an deren Ende wir selber stehen: Mit der Griechischen Halbinsel werden Schweine gemästet, mit denen wir uns später selbst den Bauch vollschlagen. Und mit Blick auf die Grienland-Krise ist die Hamburger Bevölkerung auch ökonomisch Teil dieser Hanrungskette: Griechenland war und ist ein wichtiger Kunde der Deutschen Waffenindustrie. In der Hansestadt sind derzeit 93 Rüstungsunternehmen ansässig.  

Text: Alexander Koch